Die Geschichte und Entwicklung des Dorfes Grafenrheinfeld ist eng verbunden mit den Veränderungen, die der Main im Laufe der Jahrhunderte erfahren hat. Der Main bot Fischern und Schiffern, Flößern und Leinreitern, Sandschöpfern und Büttnern ebenso Arbeit und Brot wie Fährleuten und Mühlenbesitzern.
Der heutige begradigte Verlauf des Flusses am Ort vorbei lässt kaum noch die früheren mehrfachen Flusswindungen, Nebenarme und Ausuferungen erkennen, die den Ort bis zur Mainkorrektion von 1823 durch ständige Überschwemmungen bedrohten. Lediglich die
heute noch sichtbaren Altarme des Mains sowie die Lage des Fährhauses am nördlichen Altarm lassen erahnen, wie eng das
Schicksal der Bewohner des Ortes mit dem Lauf des Mains ver-bunden war. Die vielen kieshaltigen Böden und Schwemmsande unter der Oberfläche in den Flurabteilungen von Grafenrheinfeld, Bergrheinfeld und Röthlein erinnern daran, dass der Main nicht immer im heutigen Flussbett verlief.
An einer verkehrs- und klimabegünstigten Stelle am Main war in der 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts der Königshof Rheinfeld durch Rodung und Bebauung als bleibende Siedlung entstanden, die sich später in die Orte Grafen-rheinfeld, Bergrheinfeld, Oberrheinfeld (Oberndorf) und Röthlein ausdifferen-zierte. Die erste Pfarrkirche St. Stephan, die spätere Bartholomäuskirche, wird in einer Urkunde des Jahres 889 erstmals genannt und befand sich nördlich des Fährhauses in der Nähe des Flurkreuzes von
1889, das im Jahr 1959 erneuert wurde. Der Main trennte die
Gläubigen Grafenrheinfelds von ihrer Pfarrkirche, so dass eine
Fähre mit Fährhaus für den Gottesdienst- und Friedhofsbesuch
erforderlich war. Wegen der Gefahren und Probleme bei der
Überfahrt genehmigte das Domkapitel Würzburg als Dorfherr
seit 1179 im 14. Jahrhundert den Bau einer eigenen Pfarrkirche
in der Ortsmitte Grafenrheinfelds.
Die häufigen Überschwemmungen des Mains verwüsteten das Ackerland, spülten die Erde weg und verursachten wegen fehlender Ernten Hunger und Not im Ort. Aus Erdkohlraben wurde Brot gebacken, selbst Kleie wurde hierzu verwendet. Viele Haushalte hatten oft zwei Wochen lang keinen Bissen Brot im Hause. Die Ortsbeschreibung von 1825 berichtet weiterhin, dass es von 1682 bis 1823 nicht weniger als 54 Dammbrüche mit meist verheerenden Folgen gab. Diese Dämme (z. B. Schlagdamm, Hohe Weiden-damm, Damm Steinach, Schlatrichsdamm, Ortsdamm, Bauernwehr, Wehrspitz, Ladstättdamm, Galgen-damm, Scholler Wehr, Bieberwehr) waren von den Gemeindebürgern zum Schutz gegen die verheeren-den Hochwasser aufgeschüttet worden. Für einen wirksamen Schutz auf Dauer waren sie allerdings un-zureichend, da sie zu nahe am Ufer errichtet wurden. Auf der früheren Nepomukfigur an der Mainbrücke auf Grafenrheinfelder Seite war die Hochwassermarke dieses Jahres ebenso eingemeißelt wie heute im Brunnenrand am Eingang zum Kirchplatz. Mit der Mainkorrektion von 1823 durch die Bayerische Staats-regierung wurde die Bedrohung durch ständige Dammbrüche und Überschwemmungen weitgehend eingeschränkt. Mit der Begradigung der Mainkrümmungen durch vier aufeinanderfolgende Durchstiche wurde - gegen den Widerstand der Gemeinde Bergrheinfeld durchgesetzt - die Fließgeschwindigkeit des Mains erhöht und eine selbstständige Freispülung des Strombettes sichergestellt. Dadurch konnte man dem ständigen Auspendeln des Flusses mit häufigen Uferveränderungen und Sandbankablagerungen vorbeugen.
Ein großer Nachteil der Mainbegradigung war jedoch, dass die Gemeindemarkungen von Grafen- und Bergrheinfeld zerstückelt wurden: Von der Gemeinde Bergrheinfeld fielen 800 Tagwerk besten Feldes auf das jenseitige linke Mainufer (heute Flurabteilungen "Im Sand" und "Am Fährhaus"); von der Gemarkung Grafenrheinfelds fielen 100 Tagwerk auf das rechte Mainufer (heute Flurabteilung "Am Steinach", in-zwischen Stadt Schweinfurt). Seit 1853 ermöglichte eine "Fliegende Brücke" (Fähre) - bedient von einem Fährer im Fährerhaus neben der Gaststätte "Mainlust" - die Be-wirtschaftung der abgetrennten Grundstücke. Diese Fähre war jedoch weder bei trockenem Wetter und niedrigem Wasserstand noch bei Hochwasser, Eisgang oder Sturm einsatzfähig. Nachdem mehrere Eingaben der Gemeinden Berg- und Grafenrheinfeld
an die Staatsregierung zur Errichtung einer Brücke ohne Erfolg
geblieben waren, entschlossen sich beide Gemeinden für den
Bau in Eigeninitiative. Am 14. Juli 1901 konnte die Brücke aus
Eisenträgern durch den
Würzburger Bischof
Ferdinand von Schlör
eingeweiht werden.
Eine Brückenzollordnung legte für die Benutzung der Brücke die
Gebühren fest, die vom Zöllner im Zollhaus auf Bergrheinfelder
Seite der Brücke eingehoben wurden. Bis zur Aufhebung des
Brückenzolles durch das Landratsamt Schweinfurt im Jahre
1941 und nochmals von Ende 1945 bis 1948 wurde das Zoll-
haus für diesen Zweck genutzt und verschwand erst mit dem Neubau der Brücke im
Jahre 1959. Dieser Neubau war notwendig geworden, da die
Brücke von 1901 am 8. April 1945 durch ein Einsatzkommando
der Deutschen Wehrmacht gesprengt worden war und seit De-zember 1945 nur durch eine Notbrücke ersetzt wurde. Die Spannbetonbrücke des Jahres 1960 wurde 1997 wegen ermü-
dungsbruchgefährdeter Spannglieder auf das zulässige Gesamt-gewicht von 10 t verkehrsbeschränkt.
Im Rahmen eines PPP-Projektes errichtete der Freistaat Bayern
in den Jahren 2008/2009 eine Stabbogenbrücke ohne Pfeiler, die am 18. September 2009 eingeweiht
werden konnte. Mit einer Fahrbahnbreite von 7,50 Meter, dem
nördlichen Geh- und Radweg von 3 Meter Breite sowie dem süd-
lichen Gehweg von 2 Meter Breite bietet die Brücke mehr Sicher- heit für Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger. Die Hochwasser-
dämme des Mains waren von 2006 bis 2009 auf den aktuellen
Sicherheitsstandard gebracht worden.
Der im Jahr 1823 begradigte Main wird heute neben der
Schifffahrt für verschiedenste Freizeitaktivitäten genutzt -
ebenso wie die beiden
Altmainarme im Norden
und Süden Grafenrhein-
felds. Diese erinnern auch heute noch an den früheren Mainver-
lauf und laden ein zum Verweilen und erholen.
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