Gemeindegedenken zum 80. Jahrestag der Bombennacht


Am frühen Nachmittag des 24. Februar 1944 haben 300 Bomber der amerikanischen Luftflotte Schweinfurt angegriffen. In der Nacht sind zwei weitere schwere und verheerende Angriffe erfolgt. Diese haben diesmal nicht nur die Stadt aufs schwerste beschädigt, sondern zahlreiche Dörfer getroffen und Grafenrheinfeld fast vollständig zerstört. Tagelang stand Grafenrheinfeld in Flammen und Rauch. Phosphorbomben, Sprengbomben, Luftminen und eine Unzahl von Stabbrandbomben haben den größten Teil des Ortes verwüstet und damit unbewohnbar gemacht.
Vor 80 Jahren, versank Grafenrheinfeld in Schutt und Asche.
Der Donnerstag, der 24. Februar 1944, ist der Tag, der sich für immer eingebrannt hat, in das Gedächtnis eines jeden Grafenrheinfelders, der die folgende Nacht überleben konnte. Es brach die Katastrophe über Grafenrheinfeld herein.
Wen die Bomben getroffen haben, blieb dabei dem Zufall überlassen. Sie gingen erbarmungslos nieder auf Kinder, Frauen und Männer. Wer den Angriff überlebt hat, war oft körperlich und seelisch fürs Leben gezeichnet.
Das Heulen der Sirenen, das unheilvolle Dröhnen der Flugzeuge, das rote Leuchten am Himmel, die Todesangst und die Enge in den Kellern der Grafenrheinfelder Häuser, die Einschläge der Bomben, das springende Glas, das Zerbersten der Mauern und das Feuer.
Vielen sind die Gerüche und die Geräusche dieser Schreckensnacht nie mehr aus dem Kopf gegangen. Manche haben ihre Erlebnisse festgehalten, andere haben ihren Kindern und Enkeln davon erzählt. Manche haben auch erst später die Kraft gefunden, über ihre Geschichte zu sprechen.
In jedem Jahr versammeln sich die Grafenrheinfelder Bürger an Allerheiligen am Grab der Bombenopfer im Kirchenfriedhof. Sie gedenken alle Opfer von Krieg und Gewalt. Besonders der Katastrophe, die der Nationalsozialismus über das Land gebracht hat.
In diesem Jahr haben Sie besonders den 32 Opfern der Bombennacht gedacht.
Wir stehen in jedem Jahr am Grabstein im Kirchenfriedhof und lesen die Namen. Es stehen keine Geburts- und sterbedaten auf dem Grabstein. Mir geht es so. Bei den Namen wie Rosa, Franz, Berta, Werner, Rita, Ilse, Hildegard oder auch Siegfried habe ich unweigerlich, dadurch, dass diese Vornamen heute für Kinder eher unüblich sind, erwachsene Menschen und auch ältere Leute vor den Augen.
Bei der Vorbereitung auf den heutigen Tag ist mir erst richtig bewusst geworden, dass 17 dieser 32 Opfer Kinder waren. 17 Kinder und auch Babys haben in dieser Nacht in Grafenrheinfeld ihr junges Leben verloren. Ganze Familien sind gestorben. Ihnen wollen wir heute ganz intensiv gedenken
Die stellvertretenden Bürgermeister Gerhard Riegler und Dr. Ludwig Weth, Ida Keller und Luisa Suhl haben für jeden einzelnen ein Licht entzündet und eine weiße Nelke niedergelegt.
Auf einer Tafel, vor dem Altar waren die Sterbebilder abgedruckt, die es damals gab. Diese Tafel soll auch künftig an die Grafenrheinfelder Opfer von Krieg und Gewalt erinnern.
Viele der Familiennamen gibt es noch heute in Grafenrheinfeld.
Verstorben sind:
Gregor Bekert, 57 Jahre
Augusta Bekert, 55 Jahre
Rita Bekert, 22 Jahre
Heinrich Weippert, 33 Jahre
Sabina Weippert, 28 Jahre
Hildegard Weippert, 8 Jahre
Siegfried Weippert, 4 Jahre
Gerhard Weippert, 6 Monate
Wendelin Gessner, 49 Jahre
Augusta Gessner, 54 Jahre
Engelbert, Gessner, 14 Jahre
Paul Gessner, 8 Jahre
Babette Ebner, 58 Jahre
Rita Ebner, 37 Jahre
Maria Ebner, 7 Jahre
Irma Ebner, 7 Jahre
Elisabeth Ebner, 5 Jahre
Rudi Link, 4 Jahre
Josef Rumpel, 72 Jahre
Elisabeth Rumpel, 62 Jahre
Rosa Weth, 37 Jahre
Helmuth Weth, 10 Jahre
Werner Weth, 5 Jahre
Christine Seifert, 30 Jahre
Ilse Seifert, 6 Jahre
Rita Seifert, 4 Jahre
Eva Gessner, 80 Jahre
Werner Gessner, 5 Jahre
Rosina Götz, 42 Jahre
Berta Götz, 13 Jahre
Franz Götz, 11 Jahre
Rosa Götz, 7 Jahre
Beim Beschuss ein Jahr später am 8. April 1945 kamen im Bereich der heutigen Pizzeria ums Leben:
Leo Riegler, 47 Jahre
Angelina Reichert , 40 Jahre
Georg Weth, 45 Jahre
„Wir wollen die Erinnerung an diese 32 Menschen an diese 17 Kinder mit ihren Eltern, Großeltern und Geschwistern aufrechterhalten. Wir dürfen nicht vergessen, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist.
Es ist ein Zufall und dennoch eine schreckliche, zeitliche Analogie, dass sich am 24. Februar auch der Ukrainekrieg zum zweiten Mal gejährt hat.
Nach dem Gottesdienst haben wir zusammen mit den Fahnenabordnungen der Vereine, Montsignore Werner Kirchner, der Kirchenmusik und vielen Bürgerinnen und Bürger einen Blumenkranz niedergelegt.
Wir alle sind aufgefordert, unseren Beitrag zum Erhalt des Friedens zu leisten. Jeder an seiner Stelle.
Für ein friedvolles, soziales Miteinander sind Achtung und Wertschätzung gegenüber unseren Mitmenschen, entscheidend im Kleinen, wie im Großen.
Der Gedenktag wurde beschlossen durch ein ergreifendes Konzert von „Musica Sacra“. Der Förderverein der Grafenrheinfelder Winterhalterorgel unter der Führung des Grafenrheinfelder Ortsbürgers, Diözesanmusikdirektor Rainer Aberle feiert in diesem Jahr das 25-jährige Jubiläum der Konzertreihe „klangkunst“. Die beiden Vokalensembles „Apollo5“ aus London und das „Calmus Ensemble“ aus Leipzig haben mit dem Konzert „Da Pacem – Gib Frieden“ in einer vollen Pfarrkirche den würdigen kulturellen Abschluss auf Weltklasseniveau geboten.
Im Rahmen des Gemeindegedenkens findet am kommenden Sonntag, am 03. März 2024 in der Kulturhalle eine Filmvorführung zur Bombennacht statt.
Ab 15.00 Uhr gibt es die Möglichkeit zum Austausch bei Kaffee und Kuchen. Der Film wird um 16.00 Uhr gezeigt.
Alle interessierten sind herzliche eingeladen.