GEMEINDERAT HAT „SCHACHT KONRAD“ BESUCHT


++ EINBLICKE IN DAS ERSTE DEUTSCHE ENDLAGER ++
Der Gemeinderat hat auf Einladung der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) eine zweitägige Informationsfahrt nach Salzgitter unternommen, um sich vor Ort über das künftige Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle „Schacht Konrad“ zu informieren. Begleitet wurde die Delegation von Stefan Mirbeth, dem zuständigen Ansprechpartner der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) am Standort Grafenrheinfeld.
Als Gemeinde mit einem bestehenden Zwischenlager war es für die Räte wichtig, einen authentischen Einblick in das bundesweite Endlagerkonzept zu erhalten.
Einblicke im Informationszentrum: Geschichte, Genehmigung, Geologie
Am ersten Tag hat die Gruppe das Informationszentrum „Schacht Konrad“ besucht. Henning Hofmann von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hat eine fachlich fundierte, engagierte und gleichzeitig verständliche Einführung in das Projekt gegeben. Mit hoher Fachkenntnis und großem persönlichen Einsatz ist es ihm gelungen, die komplexen Zusammenhänge transparent und nachvollziehbar zu vermitteln.
In intensiven Gesprächen mit BGE- und BGZ-Experten Hofmann und Mirbeth hat sich der Gemeinderat umfassend über die geologischen, technischen und rechtlichen Aspekte des Endlagers und der nuklearen Entsorgung insgesamt informiert.
Der Schacht Konrad liegt in Salzgitter in der Nähe von Braunschweig und ist ein ehemaliges Eisenerzbergwerk, in dem zwischen 1965 und 1976 rund 6,7 Millionen Tonnen Erz abgebaut worden sind. Die wirtschaftliche Stilllegung hat den Weg für die Suche nach einer langfristigen Nachnutzung Fähigkeit geebnet. Bereits 1976 haben erste Untersuchungen zur Eignung als Endlager begonnen – mit dem Ziel, hier schwach- und mittelradioaktive Abfälle sicher unter Tage zu bringen.
Im Jahr 2002 hat das Land Niedersachsen das Projekt mit einem Planfeststellungsbeschluss genehmigt. Die Genehmigung ist 2007 höchstrichterlich bestätigt worden. Seither wird das Bergwerk aufwendig zum Endlager umgebaut. Die geplante Inbetriebnahme ist für die frühen 2030er Jahre vorgesehen. Insgesamt sollen bis zu 303.000 Kubikmeter radioaktive Abfälle eingelagert werden – darunter Abfälle aus dem Betrieb und Rückbau von Kernkraftwerken, aus der Industrie, Forschungseinrichtungen und Altlasten.
Besonders überzeugend sind die geologischen Eigenschaften des Standorts: Mächtige Tonschichten über dem Schacht verhindern zuverlässig das Eindringen von Wasser und damit ein mögliches Austreten radioaktiver Stoffe. Die Kammern liegen in rund 800 bis 850 Metern Tiefe – weit unterhalb des Grundwasserspiegels.
Beeindruckende Befahrung: 1.000 Meter unter der Erde
Am zweiten Tag hat die Gruppe die Gelegenheit gehabt, das zukünftige Endlager auch unter Tage zu erleben. Henning Hofmann hat die Grafenrheinfelder Gemeinderäte als bergrechtlich verantwortliche Aufsichtsperson die Führung geleitet.
„Konrad ist ein Teil der Lösung der sicheren Endlagerung der radioaktiven Abfälle!“, ist Henning Hofmann überzeugt.
Nach einer Sicherheitsunterweisung und dem Anlegen der Grubenkleidung – mit Schutzhelm, Grubenlampe, Sicherheitsstiefeln und Sauerstoff-Selbstretter – ging es mit dem Förderkorb über 1.000 Meter tief in das Bergwerk.
Unten angekommen ist die Gruppe auf ein speziell umgebautes Diesel-Fahrzeug umgestiegen – eine Art „Bergbau-Cabrio“, mit dem man sich durch das weitläufige über 30 km lange Streckensystem bewegt hat. Beeindruckend ist die künftige Umladestation, an der später die radioaktiven Abfallgebinde für die Einlagerung vorbereitet werden, sowie mehrere bereits ausgebaute Einlagerungsbereiche.
In der rund 32 Grad warmen und staubigen Umgebung haben die Grafenrheinfelder Gemeinderäte hautnah erlebt, wie komplex und technisch anspruchsvoll der Umbau eines Bergwerks zum Endlager ist. Die BGE hat hier höchste Standards an Sicherheit, Dokumentation und Nachvollziehbarkeit gesetzt. Jede Bauphase wird akribisch dokumentiert – auch für zukünftige Generationen.
Nach fast vier Stunden unter Tage ist die Gruppe mit vielen Eindrücken, offenen Gesprächen und ehrlichem Respekt vor der Arbeit der Beschäftigten vor Ort wieder an die Oberfläche zurückgekehrt.
Nachhall und Bedeutung für Grafenrheinfeld
Es war wichtig, den Ort selbst zu sehen – nicht nur in Berichten, sondern in der Realität. Der Schacht Konrad ist ein zentrales Projekt für den langfristigen Umgang mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen. Grafenrheinfeld ist Teil der ASKETA, der Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden mit kerntechnischen Anlagen in Deutschland. Nächste Woche findet die Tagung der ASKETA-Bürgermeister in Geesthacht in der Nähe von Hamburg statt. Für alle deutschen Gemeinden mit Lagern für hochradioaktiven Abfällen ist es sehr beeindruckend, welche gewaltige, gesamtgesellschaftliche Aufgabe aktuell an unseren Standorten übernommen wird.
Transparenz, Fachwissen und die Bereitschaft zum Dialog sind dabei zentrale Bausteine.
Zwischenlager als faktische Endlager: hohe Lasten für Standortgemeinden
Besonders eindrücklich wurde den Gemeinderäten durch die Informationen vor Ort bewusst, welch enorme Anstrengungen notwendig sind, um ein Endlager zu realisieren. Der Besuch unterstrich, dass es sich bei der Endlagerung um eine hochkomplexe, gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, die über Jahrzehnte hinweg technisches Know-how, politische Stabilität und gesellschaftlichen Rückhalt erfordert – und das für weitere Generationen.
Wie das Forschungsvorhaben PaSta im Auftrag des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) zeigt, wird sich der Suchzeitraum für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle voraussichtlich bis zum Jahr 2074 erstrecken. Hinzu kommen Planung, Genehmigung, Bau und Inbetriebnahme, die weitere Jahrzehnte beanspruchen werden. Faktisch bedeutet das: Für die weitere Generationen findet die Lagerung in den bestehenden Zwischenlagern statt.
Auch die Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden kerntechnischer Anlagen (ASKETA), der auch Grafenrheinfeld angehört, betont: Die gesamtgesellschaftlichen Lasten der Lagerung kerntechnischer Abfälle werden bereits heute durch die Standortkommunen geschultert. Diese Kommunen tragen über Jahrzehnte hinweg die Verantwortung, die mit der Zwischenlagerung einhergeht – ohne dass ein konkreter Endlagerort bereits zur Verfügung steht.
Der Besuch in Schacht Konrad hat uns nicht nur über das künftige Endlager informiert, sondern auch die zentrale Rolle verdeutlicht, die Gemeinden wie Grafenrheinfeld aktuell in der nuklearen Entsorgungslandschaft Deutschlands spielen. Die Anforderungen an Sicherheit, Langfristigkeit und gesellschaftliche Verantwortung sind enorm – umso wichtiger ist es, dass die Standortgemeinden der ASKETA Gehör finden, beteiligt werden und echte Perspektiven erhalten.
Christian Keller
Erster Bürgermeister